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.Ich erfuhr so den Unterschied zwischen Gleichschritt, Gleichklang undGleichmaß.Im Gleichschritt mit anderen, auch bloß einem einzigen, zu sein,war mir seit jeher unerträglich gewesen; ich mußte dann sofort stehenbleiben,oder schnellerwerden, oder zur Seite treten; sogar wenn ich mich imRhythmus der Freundin bewegte, sah ich uns als zwei seelenlose Gegen-die-Welt-Marschierer.Und etwas wie Gleichklang war mir unmöglich: Wurde mirvom andern, nicht nur beim Singen, der Ton angegeben, so war ichaußerstande, diesen zu übernehmen, zu verdoppeln, weiterzuführen; auchwenn, umgekehrt, der andere in meinen Tonfall überging, geriet ich auf derStelle ins Stocken; nur der Mißklang des Streits, zu dem es mich in der Regeldann reizte, bewahrte mich vor dem Verstummen (Ursache eines solchenStreits war es oft schon, daß die Freundin uns beide »wir« nannte, ein Wort,das mir nicht über die Lippen wollte).Das Gleichmaß aber war ein gewaltiges Erlebnis, und ich erlebte es zumBeispiel, als ich einmal am Morgen den Fenstergriff drehte und zugleich in derFerne das Zufallen einer Autotür, zusammen mit einer scharrendenSchneeschaufel und einem bis zum Horizont tönenden Zugsignal, hörte; oderals ein andermal in einer Küche eine Schüssel auf den Herd gestellt wurde undich zugleich einen Brief öffnete; oder indem ich jetzt gerade von demSchreibpapier aufblicke zu dem alten, eingedunkelten Landschaftsbild an derGegenwand, wo ein Sonnenfleck, wie so oft in dieser Stunde des Tages, wieein Punktstrahler jeden Baum, jeden Wasserglanz, jede Weggabelung, jedenWolkenrand einzeln aus der düsteren Fläche heraushebend, langsam von linksnach rechts wandert - und es ließ sich erleben damals wie heute, als ich vordem Tagesanbruch mit meinem Seesack, die zwei Bruderbücher darin eineschöne Last, an den stampfenden, sirrenden oder auch bloß still leuchtendenWerkhallen von Jesenice vorbeiging.Ich trat sogar fester auf, wie um dasGleichmaß in Schwung zu bringen - kein kleiner oder großer Feind sollte mirvon hinten die Kniekehlen knicken -, und gewahrte dann, in ähnlicher Weisewie die leeren Hallen, den ersten Menschen jenes Tages, den Umriß desChauffeurs in einem dunklen, sonst unbesetzten Bus, sehr rasch unterwegs,so als werde er schon an allen Haltestellen im Tal erwartet, und in der Folgegleich das erste Paar, hinter einem Hochhausfenster, Mann und Frau, siestehend, im Morgenrock, er sitzend, im Unterhemd, und über die Jahre ist mirvor allem der Dunst an der Scheibe im Gedächtnis geblieben, bei dem ich mireinbildete, der Mann dort oben sei nicht im Aufbruch zu seiner Arbeit,sondern soeben von ihr heimgekommen, schwitzend, schwer atmend voneiner nachtlangen Mühe, die auf mich übergriff, als sei sie meine eigenegewesen.Vor einem Gasthaus, dem Bahnhof schräg gegenüber, stand ein einzelner,ungedeckter Tisch mit einem linoleumbespannten Küchenstuhl.Da bin ichdann gesessen und habe es Tag werden lassen.Mein Platz befand sich umeiniges unterhalb des Gleiskörpers wie auch der Straße mit dem Gehsteig, vondem ein paar Stufen zu der kleinen und zugleich vieleckigen Betonflächeherabführten; diese wurde nämlich zur anderen Hand gesäumt von einemHäuserhalbrund, wo je eine Wand mit der nächsten einen verschiedenenWinkel bildete, und hatte so etwas von einer nach allen Seiten abgeschirmtenBucht, einem geschützten Aussichtsort, an dem man, anders als üblich, vonunten nach oben schaute und anstelle eines Panoramas einen nahen undumso einprägsameren Umkreis sah, ähnlich wie vom Boden einer Senke.DieHäuser waren niedrig und alt, aber jedes stammte aus einer anderen Epoche.Gleich dahinter stieg schon der Talhang an, in dessen finsterer Baummasseallmählich die Zacken der Fichten deutlich wurden.In meiner Senke war es noch lange Nacht.Ob der winzige Vogel am Randoben auf dem Gehsteig, regloser Umriß, geträumt war? Noch nie hatte ichnachts einen Tagesvogel gesehen.Die Straße erschien als Mauer, auf der nundieser Zaunkönig hockte.Sehr früh wurde das Wirtshaus aufgesperrt, und alsdie ersten Gäste kamen die Eisenbahner, die ihren Kaffee oder Schnaps - ichsah es über die Schulter - in einem Zug getrunken hatten und schon wiederweg waren.Der Himmel, im Anfangslicht scheinbar regnerisch, erstrahlte wolkenlos.Ichbekam von einer greisenhaften Kellnerin mit zerfurchtem Männergesicht einenTopf Milchkaffee ins Freie gestellt, daneben einen Teller mit einem Stapeldicker Weißbrotscheiben.Die Haut auf dem Kaffee erinnerte mich an denBruder, von dem erzählt wurde, er habe diese weichen Fetzen immerverabscheut, und als bei seinem ersten Fronturlaub ihm die Mutter, in derMeinung, durch den Krieg seien ihm all seine Heikligkeiten ausgetrieben, denKaffee wie üblich servierte, habe er die Tasse von sich weggeschoben mit derBemerkung: »Kommen Sie gestern!« Ich sah die Milch sich wellen und eineHaut bilden, die zu Inseln auf einem dunklen, sich dann aufhellendenGewässer zerriß
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